Eiskargletschermessung 10.9.2022

Gletscherhaushaltsjahr 2021/22

Nach der Gletschermessung am 11. September 2021 sorgten anhaltend milde Temperaturen noch für anhaltende Schneeschmelze, welche erst Anfang Oktober mit den ersten leichten Schneefällen endete. Der weitere Oktober verlief aber weitestgehend niederschlagsfrei.

Erst Anfang November kam es im Zuge zweier Adriatiefs zu kräftigen Niederschlägen im Eiskar. Diese fielen teilweise noch als Regen, teils aber schon als Schnee. Der endgültige Beginn der Einwinterung kann also mit Anfang November festgelegt werden. Rund um die Monatsmitte schneite es im Eiskar etwa 20 cm. Die Schneebedeckung konnte für diese Zeit aber als unterdurchschnittlich angesehen werden.

Zwischen 26. November und 10. Dezember kam es schließlich zur einzigen niederschlagsreichen Periode des gesamten Winterhalbjahres. Binnen zwei Wochen fielen im Eiskar in Summe rund 2 m Neuschnee.

Danach blieb es bis zum 5. Jänner 2022 niederschlagsfrei. Ein Adriatief sorgte an diesem Tag für rund 50 cm Neuschnee. Für mehr als einen Monat sollten dies aber die einzigen nennenswerten Schneefälle in den Karnischen Alpen bleiben.

Erst Mitte Feber schneite es rund 30 cm.

Bis Ende März setzte sich die Trockenheit jedoch weiter fort! Erst am 31. März 2022 schneite es im Eiskar wieder ein paar Zentimeter.

In den ersten Apriltagen sorgte ein Mittelmeertief schließlich nochmals für rund 50 cm Neuschnee in der Kellerwand. In den Tagen danach stieg die Lufttemperatur jedoch rasch an und die Schmelzsaison setzte ein.

Ab dem 16. April gingen die Temperaturen nochmals deutlich zurück und bis zum 1. Mai 2022 schneite es wiederholt aber nicht ergiebig. Diese Niederschlagsmengen konnten die bereits aufgetretenen Verluste durch die Schneeschmelze jedoch nicht mehr wettmachen.

 

Aus diesem Grund wird das Ende der winterlichen Akkumulationsphase mit dem 10. April 2022 festgelegt.

Sommertemepraturen am Dobratsch (Villacher Alpe) mit Abweichungen zum Mittelwert (1981-2010)
Sommertemepraturen am Dobratsch (Villacher Alpe) mit Abweichungen zum Mittelwert (1981-2010)

Der letzte nennenswerte Schneefall mit rund 10 bis 15 cm Neuschnee trat am 1. Mai auf. Ab dem 10. Mai 2022 folgte eine außergewöhnlich milde Witterungsphase, welche erst zum Monatsende eine kurze Unterbrechung fand.

Der Juni 2022 bilanzierte einmal mehr als ausgesprochen milder Sommermonat. Die Durchschnittstemperatur lag in den Hochlagen der Karnischen Alpen um rund 4 °C über dem langjährigen Mittelwert (1981-2010).

Auch der Juli sowie der August brachten praktisch anhaltend starke Schnee- und Eisschmelze. Zwischen dem 30. Mai und dem 17. September 2022 sank die Lufttemperatur im Eiskar nie unter 0 °C! Schneefälle wurden - wie so oft in den letzten Jahren -  im gesamten klimatologischen Sommer (Juni, Juli und August) nicht registriert. Die Regenmengen lagen in den drei Sommermonaten unter den Erwartungswerten.

Mitte bzw. Ende September schneite es im Eiskar zum ersten Mal wieder ein wenig. Im milden Oktober 2022 schmolz jedoch der gesamte Neuschnee wieder ab.

 

Zusammenfassung:

Das Winterhalbjahr 2021/22 (Nov-Apr) zählte zu den trockensten der letzten Jahre. Im Vergleich zum Mittelwert 1991-2020 fielen im Eiskar nur rund 70% des sonst üblichen Niederschlags. Die Schneearmut, gepaart mit dem am Berg drittwärmsten Sommer (Jun- Aug) der Messgeschichte (vgl. Villacher Alpe Messreihe 1851-2022), sorgte am Eiskargletscher für außergewöhnlich starke Schnee- und Eisschmelze.

 

Blick von Osten in das überwiegend mit Schutt bedeckte Eiskar
Blick von Osten in das überwiegend mit Schutt bedeckte Eiskar

Aussehen des Eiskargletschers am Messtag, 10. September 2022

 

Am 10. September 2022 gab es auf der Gletscherfläche keinen Altschnee  mehr  (vgl. 2021: 72%). Der westliche Gletscherteil (Gletscherzunge und Abschnitte am Wandfuß) war teilweise noch mit Firn bedeckt. Vereinzelt zeigte sich in diesem Bereich auch Blankeis (Anteil des Firns und des Blankeises: 18%). Im östlichen Gletscherabschnitt fanden sich keine Firnrücklagen mehr. Der Gletscher präsentierte sich hier weitestgehend schuttbedeckt.

Die Felsfenster im östlichen Gletscherteil sowie jenes in der Gletscherzunge haben sich wieder ein wenig vergrößert.
Die Gletscherzunge selbst ist jedoch, entgegen den Erwartungen, heuer nicht abgerissen. An der schmalsten Stelle war der Eis- bzw. Firnsaum hier 17m breit (vgl. 2022 35,1m).

Der stark schuttbedeckte und einst mächtige zentrale Lawinenkegel  (links der Bildmitte)  ist im Ansatz weitestgehend zerfallen
Der stark schuttbedeckte und einst mächtige zentrale Lawinenkegel (links der Bildmitte) ist im Ansatz weitestgehend zerfallen

Messergebnisse

 

Die Längenmessung zum Eisrand konnte heuer an allen acht Messmarken durchgeführt werden. Da im Herbst 2021 alle Messmarken unter Altschnee lagen, können für 2022 keine vergleichbaren Zahlenwerte zum Vorjahr angegeben werden. Die beobachtete Situation am Gletscher zeigte jedoch das eindeutige  Bild eines Gletscherrückzugs für 2022.

 

Alle vier Eispegel waren frei von Schnee bzw. Firn und konnten nachgemessen werden. Jedoch nur beim östlichsten Pegel (A) konnte ein direkter Vergleich zum Vorjahr angestellt werden. Alle anderen Eispegel lagen zuletzt unter Firn (vgl. Tabelle).

In der Tabelle sind die Einsinkbeträge  der einzelnen Eispegel in Metern seit den  Einbohrungen  in den Jahren 2008 bzw. 2018 eingetragen. Ein Vergleich 2021/2022  kann jedoch nur  beim Pegel (A) abgelesen werden.

 

Da die Eispegel (B1), (B2) und (C) in den letzten Jahren jeweils mit Altschnee oder Firn bedeckt waren, ist der gesamte Abschmelzbetrag seit der letzten Nachmessung (in Tabelle 2 sind die jeweiligen Jahre in der zweiten Spalte in Klammer angeführt) auf das heurige Gletscherjahr zurückzuführen. Die Auswertung der vier Eispegel lässt den Schluss zu, dass im Sommer 2022 im Mittel über den ganzen Gletscher rund 1,3 m Eis abgeschmolzen sind. Zusätzlich sind fast die gesamten Firnrücklagen aus dem Vorjahr (~1400 mm Wasseräquivalent) abgeschmolzen.

 

Aufgrund der gesammelten Daten (Ablationspegel) lässt sich am Eiskargletscher für das Haushaltsjahr 2021/22 ein mittlerer Massenverlust von etwa 2500 mm (+/- 20%) Wasseräquivalent abschätzen. Umgerechnet auf den gesamten Gletscher ergäbe dies eine mittlere Eisabnahme von rund 2,75 m.

 

Blick über den Eisscheitel nach Osten, links oben im Bild ist die Moräne von 1850 zu erkennen. Im Bildvordergrund zeigt sich ganz dünn die Verbindung vom Hauptgletscher (rechts)  zur Gletscherzunge.
Blick über den Eisscheitel nach Osten, links oben im Bild ist die Moräne von 1850 zu erkennen. Im Bildvordergrund zeigt sich ganz dünn die Verbindung vom Hauptgletscher (rechts) zur Gletscherzunge.
Im Trog der Gletscherzunge liegt noch etwas Firn, der überwiegende Teil der Gletscherzunge ist aber von Schutt bedeckt.
Im Trog der Gletscherzunge liegt noch etwas Firn, der überwiegende Teil der Gletscherzunge ist aber von Schutt bedeckt.

Vielen Dank an meine Ausrüstungssponsoren:

Perfektes Rundumtraining
Perfektes Rundumtraining