Witterungsübersicht:
Nach der Gletschermessung am 10.9.2022 kam es noch für rund eine Woche zu anhaltender Schnee- und Eisschmelze. Am 17.9.2022 erfolgte mit dem Durchgang einer Kaltfront eine markante Abkühlung und es gab die ersten Zentimetern Neuschnee der beginnenden Wintersaison. Ende September schneite es nochmals ein wenig.
Auf die kühle zweite Septemberhälfte folgte jedoch ein ausgesprochen milder und niederschlagsarmer Oktober. Trotz der bereits negativen Strahlungsbilanz im Eiskar kam es noch bis Allerheiligen zu leichten Schmelzprozessen am Gletscher. Am Dobratsch lag die Durchschnittstemperatur im Oktober 2022 um 4,4°C über dem Mittel (1991-2020)! Das Ende der Schmelzsaison wird mit dem 3.11.2022 festgelegt.
Erst am 4. November startete mit rund 15cm die Einwinterung. Am 14., 16. und 22. November schneite es jeweils etwa 10 bis 20cm. In Summe blieben die Niederschlagsmengen im November aber deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt. In den westlichen Karnischen Alpen wurde nicht einmal 50% des Erwartungswertes erreicht.
Im Dezember kam es gleich in den ersten Tagen des Monats zu einigen Schneefallereignissen. Die Neuschneemengen fielen mit rund 20cm aber neuerlich eher gering aus. Ab dem 18. Dezember blieb es dann bis zum Jahresende niederschlagsfrei. Die Schneelage im Eiskar musste zu diesem Zeitpunkt als unterdurchschnittlich bezeichnet werden.
Das Jahr 2023 begann ausgesprochen mild und niederschlagsfrei. Erst am 9. Jänner kam es zu rund 30cm Neuschnee. Dieser wurde aber gleich darauf von stürmischem Nordwind aus dem Eiskar ausgeblasen. Vom 16. bis zum 24. Jänner 2023 kam es zu einer tief winterlichen Phase. In mehreren Staffeln schneite es in den westlichen Karnischen Alpen wiederholt mäßig. In Summe kamen im Eiskar in dieser Zeit rund 100cm Neuschnee zusammen.
Anfang Feber sorgte jedoch eine stürmische Nordwestlage für starke Schneeverfrachtung aus dem Eiskar. Die Schneehöhe nahm in dieser Zeit deutlich ab. Da der restliche Monat fast niederschlagsfrei verlief und nur um den 25. Feber etwas Neuschnee brachte, war die Schneehöhe am Ende des klimatologischen Winter deutlich unterdurchschnittlich.
Im März kam es neuerlich zu keinen ergiebigen Schneefällen im Eiskar. In Summe reichte es nur für rund 50cm Neuschnee. Dazu kam es in der zweiten Monatshälfte bereits zu ersten leichten Schmelzprozessen.
Im April setzte sich das niederschlagsarme Wetter bis knapp vor die Monatsmitte weiter fort, ehe ein Italientief mit rund 60cm Neuschnee für die ersten nennenswerten Schneefälle seit Ende Jänner sorgte. Zwischen 20. und 25. April schneite es im Eiskar mehrmals 10 bis 20cm. In Summe reichte es im April aber nur für durchschnittliche Niederschlagsmengen, das Defizit der vorangegangenen Monate konnte also nicht abgebaut werden. Die Temperaturen lagen im April jedoch um rund 1,6°c unter dem Mittel von 1991-2020. Dadurch kam es zu keinen Schmelzprozessen sondern zu einem Schneedeckenaufbau.
Nach wenigen Zentimetern Neuschnee Anfang Mai kam es in den folgenden sonnigen und milden Tagen zur ersten nennenswerten Schmelzphase des beginnenden Frühjahrs. Eine Wetterumstellung rund um den 10. Mai sorgte im Eiskar bis zum 20. des Monats aber nochmals für rund 50 bis 100cm Neuschnee. Danach stiegen die Temperaturen wieder deutlich an und die sommerliche Ablationsphase setzte ein.
Zusammenfassung:
Der Winter 2022/23 brachte in den westlichen Karnischen Alpen deutlich unterdurchschnittliche Niederschlagsmengen. Besonders der Oktober und auch der November verliefen schneearm. Im Dezember und Jänner kam es zwar zu einigen mäßigen Schneefallereignissen, wiederholt stürmischer Nordwind sorgte jedoch für massive Schneeverfrachtungen aus dem Eiskar. Der Spätwinter brachte neuerlich nur wenig Neuschnee und erst im April und Mai wurden die durchschnittlichen Neuschneesummen erreicht bzw. im Mai auch übertroffen.
Wie in den letzten Jahren wurde auch heuer wieder an mehreren Punkten die Schneehöhe sondiert. Dazu hatte das Arbeitsteam eine 11m lange Lawinensonde mit. Das Sondieren stellte durch die geringe Schneedichte im Gegensatz zu vielen anderen Jahren keine große Herausforderung dar. Vom Frühwinter gab es wenig Schnee und der Neuschnee vom Mai war durch fehlenden Frost nicht verfestigt. Der Vergleich mit den letzten Jahren zeigt, dass man an den meisten Punkten deutlich unterdurchschnittlcihe Schneehöhen eruiert hat.
Aufgrund des kühlen Frühjahrs war der Gesamteindruck des Gletschers sowie der Anblick der Kellerwand trotz der geringen Schneemächtigkeit noch recht winterlich. Am Gletscher zeigten sich aber bereits erste apere Felsen. Ein Zeichen für die geringe Schneehöhe.
Mit einer durchschnittlichen Schneehöhe von 3,4m liegt heuer deutlich weniger Schnee als im Mittel der letzten 13 Jahre. Nur in den Jahren 2022 sowie 2011 und 2012 lag ähnlich wenig oder noch weniger Schnee als heuer. In schneereichen Jahren beträgt die durchschnittliche Schneehöhe Ende Mai rund 9m!
Die größten Schneehöhen wurden im Bereich der Gletscherzunge gemessen; hier wurden bis zu 5,7m sondiert. Die Auswertung von Vergleichsfotos der letzten Jahre sowie Markierungen an einer Felswand am östlichen Zungenrand verdeutlichen die geringe Schneemächtigkeit.
Im Bereich des Wandfußes liefern sowohl die Messwerte als auch die subjektiven optischen Eindrücke das Bild einer deutlich unterdurchschnittlichen Schneehöhe. Der einst mächtige zentrale Lawinenkegel ist sehr schmal und wirkt konkav (nach unten gewölbt).
Die geringe Schneehöhe geht auch mit einer geringen Schneedichte einher.
Dies lässt für die kommenden Wochen ein rasches Abschmelzen der schützenden Schneedecke und damit einen gletscherabträglichen Sommer erwarten.